Der Schauspieler und Synchronsprecher Thomas Darchinger hat vor den Elftklässler*innen das Live-Hörspiel zu Solly Ganors Autobiografie „Das andere Leben – Kindheit im Holocaust“ gelesen.
Solly Ganor erlebte als Dreizehnjähriger, wie die Deutschen 1941 in seine Heimatstadt Kaunas in Litauen einmarschierten. Als Jude wurde er zusammen mit seiner Familie in das Ghetto in Kaunas gebracht, wo er viele seiner Angehörigen verlor und selbst nur knapp dem Tod entkam. 1944 wurde er zunächst in das KZ Stutthof bei Danzig und vor dort in ein Außenlager des KZ Dachau deportiert, wo er Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie leisten musste. Solly Ganor überlebte das KZ. Seine Geschichte hat er 50 Jahre später in „Das andere Leben“ aufgeschrieben.
Mit der Bühnenfassung dieser Geschichte, die durch die Musik des Filmkomponisten Henning Lohner eine enorme Intensität entfaltet, besucht Darchinger – unter anderem bekannt aus Serien wie Tatort, Rosa Roth oder Hubert und Staller – Schulen in ganz Deutschland. Am 19. Mai war er auf Einladung von Geschichtslehrerin Larissa Seiffert zu Gast an der ANGELL Akademie. In seiner einführenden Ansprache an die Schüler*innen machte er deutlich, wie gefährlich die Empfänglichkeit der Menschen für Passivität und Demagogie, für Macht und Missbrauch von Macht, statt für ein Miteinander in Vielfalt ist. Und wie schnell sich eine demokratische Gesellschaftsform in eine brutale Diktatur verwandeln kann, wenn sie nicht immer wieder aktiv verteidigt wird.
Darchinger warnte vor Menschen, die einfache Lösungen für komplexe Probleme versprechen und die einen Teil der Gesellschaft verantwortlich für Probleme machen und zum Feind erklären. „Damals haben die Nationalsozialisten Juden und Andersdenkende zu Feinden erklärt. Sie haben Konzentrationslager errichten lassen und Millionen von Menschen dorthin gebracht und zur Arbeit für die Industrie gezwungen und vernichtet. Ich lese euch jetzt die Lebensgeschichte von jemandem vor, der damals ungefähr so alt war wie ihr jetzt und der das Martyrium überlegt hat.“
Und so begann Darchinger stimmgewaltig und untermalt von Lohners Musik, Ganors Schilderungen der Situation im Konzentrationslager zum Leben zu erwecken und für die Schüler*innen greifbar zu machen. „In Hörspielen liegt meiner Meinung nach ein großes Potenzial, um einen lebendigen Zugang zu geschichtlichen Inhalten zu ermöglichen. Deshalb fand ich die Idee eines Live-Hörspiels an der Schule sehr reizvoll. Für mich ist das Kopfkino, insbesondere in Verbindung mit Musik, die ich in dem Fall sehr gelungen und passend zu den Inhalten fand und die die Situationen und Gefühle entsprechend verstärkt haben.“, so Larissa Seiffert.
Das Live-Hörspiel „Das andere Leben“ ist eine Produktion der künstlerischen Demokratie-Kampagne von Thomas Darchinger. „Erinnern – fühlen – verstehen – handeln“ lautet das Motto der Kampagne, die einen elementaren Beitrag zur Bildung von Jugendlichen in Hinblick auf die Wertschätzung, den Erhalt und die Weiterentwicklung unserer freiheitlichen Demokratie leisten möchte.
Darchingers Botschaft lautet: "Nur wenn sich jeder Einzelne als lebendigen Baustein unserer Demokratie versteht, nur wenn jeder Offenheit, Neugierde auf Andere, Respekt und Gemeinsinn lebt, halten wir die Demokratie lebendig und schützen uns davor, dass sich Geschichte wiederholt.“