Wenn auf einmal Einstein auf die Bühne tritt, Physiker verrückt-genial durch die Szenerie stolpern und Schneewittchen zur selbstbewussten Luna wird, dann ist klar: Die Werkschau des Faches Literatur und Theater hat begonnen. Die Schüler*innen der 12. und 13. Klassen nahmen ihr Publikum mit auf eine Reise durch verschiedene Theaterformen – von antiker Tragödie über Maskenspiel bis hin zur Märchenerneuerung. Und das mit viel Mut, Witz und Leidenschaft.
Klasse 13: Dürrenmatts „Die Physiker“ – Theater inmitten der Abiturvorbereitung
Ein besonderes Highlight war das Projekt der 13. Klasse, das von Steffi Thoma geleitet wurde. Trotz des nahenden Abiturs wagte sich die Klasse an eine szenische Umsetzung von Friedrich Dürrenmatts Klassiker „Die Physiker“ – und das mit Bravour. Die Inszenierung bot nicht nur Stoff zum Nachdenken, sondern auch reichlich unterhaltsame Facetten. Dürrenmatts tragikomisches Stück, das in einer psychiatrischen Klinik spielt und die Frage nach der Verantwortung von Wissenschaftlerinnen in einer aus den Fugen geratenen Welt stellt, wurde von den Schülerinnen mit klugem Humor, präzisem Timing und szenischer Vielfalt auf die Bühne gebracht.
Besonders gelungen war die Darstellung der drei vermeintlich verrückten Physiker – Einstein, Newton und Möbius –, deren skurriles Spiel zwischen Genie und Wahnsinn für viele Lacher sorgte, ohne dabei die kritische Tiefe des Textes zu vernachlässigen. Die Bühne wurde geschickt genutzt, um den absurden Raum zwischen Anstalt und Realität sichtbar zu machen – mal als düstere Kulisse, mal mit überraschenden, fast slapstickhaften Momenten.
Der Spagat zwischen Komödie und Tragödie gelang der Klasse mit bemerkenswerter Leichtigkeit, sodass das Publikum sowohl schmunzelte als auch nachdenklich wurde. Dass ein solch intensives Projekt mitten in der stressigen Phase der Abiturvorbereitung entstand, unterstreicht noch einmal die beeindruckende Leistung dieser Gruppe – und zeigt, wie viel künstlerisches Potenzial im Spiel mit Sprache und Szene steckt.
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Unter der Leitung von Anita Lemoye wagte sich die Klasse 12b an drei ganz unterschiedliche theatrale Formen heran – und zeigte dabei eindrucksvoll, wie vielseitig Theaterunterricht sein kann. Im Zentrum stand immer die Verbindung von Körper, Sprache und Raum – und der Mut, sich auf Neues einzulassen.
1. Griechisches Theater: Chorisches Sprechen trifft antikes Drama
Zu Beginn des Schuljahres tauchte die Klasse 12b (der Literatur- und Theaterkurs der Jahrgangsstufe 1) in die Welt des antiken Theaters ein. Als Einstieg diente eine Szene aus Sophokles’ „Ödipus“, neben Kreon und Ödipus die Rolle des Chores übernahmen. Dabei lag der Fokus auf dem chorischen Sprechen, also dem gemeinsamen, rhythmisch abgestimmten Sprechen im Kollektiv – eine Herausforderung, die Konzentration, Präzision und Gruppenbewusstsein verlangt. Auch die Raumgestaltung wurde bewusst eingesetzt, um die Wirkung des antiken Dramas zu verstärken. Das Ergebnis war eine eindrucksvolle Mini-Inszenierung, in der antike Form und moderne Interpretation auf spannende Weise miteinander verschmolzen.
2. Commedia dell’arte: Improvisation, Masken, Typen
Im Anschluss ging es weiter mit einem Streifzug durch die Commedia dell’arte – das Maskentheater des 16. Jahrhunderts mit seinen überzeichneten Typenfiguren. Die Schüler*innen bastelten eigene Masken, entwickelten kleine Szenen und erprobten typische Bewegungsmuster von Figuren wie Arlecchino, Colombina oder Il Dottore. Vieles entstand aus der Improvisation heraus – mit großer Spielfreude und kreativem Witz. Dabei ging es nicht nur um Theatergeschichte, sondern auch darum, übertriebene Emotionen körperlich auszudrücken und mit festen Rollentypen zu spielen. Das Projekt war geprägt von Lachen, Ausprobieren und jeder Menge Bewegung.
3. Märchen umschreiben: Aus Grimm wird Gegenwart
Den Abschluss bildete ein kreatives Schreib- und Theaterprojekt rund um das Thema Märchen. Inspiriert vom Besuch der Jugendtheaterproduktion „Grimm“ im Theater Freiburg – einer modernen Collage klassischer Märchen – machten sich die Schülerinnen daran, selbst bekannte Märchen zu verändern. Entstanden ist eine zeitgemäße Neufassung mit überraschenden Wendungen und klarer Haltung. So entstand das Stück „Luna und die sechs Frauen“, eine selbstbewusste Neuinterpretation von Schneewittchen, in der tatkräftige, unabhängige Frauen die Hauptrolle spielen. Im Vorfeld hatten sich die Schüler*innen mit den Merkmalen von Volks- und Kunstmärchen beschäftigt – Theorie und Praxis griffen hier exemplarisch ineinander.