Alexander Zipfel ist 13.-Klässler am SGG und macht gerade sein Abitur. Neben der Schule her trainiert er bis zu sechs Mal wöchentlich Karate. Im Interview verrät der baden-württembergische Landesmeister im Kumite von 2021, wie er Schule und Sport unter einen Hut bekommt und was Karate ihn fürs Leben lehrt.
Seit wann trainierst du Karate und wie bist du dazu gekommen?
Mit dem Trainieren habe ich angefangen, als ich vier war. Meine Mutter und mein Vater haben mich zur Selbstverteidigung ins Karate nach Kirchzarten mitgenommen. Als ich 12 Jahre war, sind wir nach Ravensburg gezogen und da hatte ich das Glück, dass dort der Karate-Bundesleistungsstützpunkt ist. Dort bin ich dann ins Training gegangen. Am Anfang Kata, das sind die Bewegungsabläufe im Karate, später bin ich dann ins Kumite, also die Wettkampfform, eingestiegen und habe 2016 meinen ersten Wettkampf gemacht. Von da an ging es dann richtig los.
Was gefällt dir am Karatesport?
Am Karatesport gefällt mir zum einen, dass man ganz individuell kämpfen kann. Die Techniken sind natürlich vorgegeben, aber man hat so viele Freiheiten und kann sich dementsprechend entfalten und seinen eigenen Kampfstil entwickeln. Ich mag es auch, immer wieder mit Leuten in Kontakt zu kommen. Außerdem entwickelt man durch den Sport Selbstsicherheit und kann einfach ganz entspannt irgendwo langlaufen, ohne sich immer irgendwelche Sorgen machen zu müssen.
Wie oft trainierst du pro Woche?
Fast jeden Tag. Ich habe immer ein bis zwei Einheiten täglich. Jeden zweiten Tag mache ich zwei Stunden Krafttraining. Kampfsport trainiere ich eineinhalb bis zwei Stunden am Tag. Mit vier Stunden pro Tag kann man also schon rechnen. Ein oder zwei Tage pro Woche mache ich dann immer Pause, meistens Donnerstag. Das ist wichtig, damit der Körper auch mal runterfahren kann. Wenn man das nicht macht, bringt das Training auch nichts.
Wo trainierst du?
Seit wir wieder in Freiburg wohnen, pendele ich. Freitags nach der Schule setze ich mich ins Auto und fahre nach Ravensburg. Dort übernachte ich dann in unserem Stützpunkt in einem Zimmer, das ich gestellt bekomme. Ich trainiere dort Freitag, Samstag und Sonntag. Sonntags bin ich so gegen 18 Uhr wieder hier. Mit der Schule ist das schon immer recht knackig. Ich muss am Wochenende trainieren und lernen. Mit Feiern ist dann halt nicht so viel.
In Freiburg gibt es leider keinen Stützpunkt und mit Vereinen für Kumite ist es eher schwierig. Deshalb trainiere ich unter der Woche für mich selbst. Dazu habe ich Freunde mit einbezogen und ihnen ein bisschen Karate beigebracht und gezeigt, wie man die Pratzen, also die Schützer, hält.
Vereine für Mixed Martial Arts (MMA) gibt es in Freiburg mehr. Das mache ich auch noch.
Wie oft pro Jahr fährst du zu Wettkämpfen?
Durch Corona war das Ganze etwas schwierig. Vorher war es meistens ein Wettkampf pro Monat, d.h. im Jahr zwölf Wettkämpfe, teilweise auch mal mehr oder weniger, das variiert immer.
Am besten wartet man, bis man sich wirklich fit und gut vorbereitet fühlt und fährt dann zum Wettkampf. Es gibt auch einige, die zu jedem Wettkampf fahren, aber mir ist es wichtiger, dass ich gut vorbereitet bin und das Mindset und alles stimmt.
Was sind das für Wettkämpfe und wo finden diese statt?
Das ist unterschiedlich. Die Deutschen Meisterschaften waren z.B. letztes Jahr in Hamburg. In Berlin war ich auch schon. Im Ausland gibt’s auch Wettkämpfe. Ich habe schon in Österreich und in der Schweiz gekämpft. Ab einem bestimmten Niveau möchte ich dann auch an Wettbewerben in den USA teilnehmen. Aber jetzt schaue ich erst mal, dass es in der Schule stimmt.
Gibt es einen Wettkampf, der dir besonders gut in Erinnerung ist?
Das war die baden-württembergische Meisterschaft in Stuttgart. Das war ziemlich cool. Das war der Tag vor meinem Geburtstag und eigentlich wollte ich gar nicht mal dort hin, weil ich noch einiges planen wollte. Mein bester Freund ist aber mitgefahren. Auf dem Weg gab es ziemlich Stau und ich wollte schon umdrehen. Mein Freund hat mich aber überredet, weiterzufahren und das war die erste baden-württembergische Meisterschaft, bei der ich auf den ersten Platz gekommen bin. Wir sind dann zurückgefahren und haben in meinen Geburtstag reingefeiert. Das war schön.
Wie schaffst du es, das Trainieren und das Lernen für die Schule unter einen Hut zu bekommen?
(lacht) Das ist eine gute Frage. Ich sag’s ehrlich. Wichtig ist ja der Schnitt im Abi. Ich habe mich in Rücksprache mit der Oberstufenberatung dazu entschieden, bestimmte Fächer klammern zu lassen. Das heißt, die Noten werden dann nicht für den Abidurchschnitt berechnet. Da lass ich es dann einfach laufen. Bei den Hauptfächern gucke ich, dass ich wirklich gezielt und gut drauf lerne. Das muss dann synchron zum Training laufen. Wenn ich merke, dass ich in der Schule ein bisschen mehr machen muss, dann plane ich einfach den Tag gut durch. Dann trainiere ich z.B. morgens vor der Schule oder direkt, wenn ich von der Schule komme und lerne danach. Also man muss schon Abstriche machen, d.h. abends noch ein Film gucken, ist meistens zeitlich nicht drin, weil ich entweder noch lernen oder trainieren muss. Es ist schon ein Spagat, den man hinkriegen muss aber es geht, wenn man ein bisschen fokussiert ist.
Gibt es ein Ziel, das du im Karate erreichen möchtest?
Ich habe mir mit 15 eine Pappplatte ins Zimmer gehängt und alles drauf geschrieben, was ich lernen wollte und auch meine Ziele. Da war der schwarze Gürtel drauf. Den habe ich mittlerweile. Baden-württembergischer Meister stand auch drauf. Das habe ich auch erreicht. Deutscher Meister steht noch drauf. Und natürlich ist der Traum für jeden Karatekämpfer, Europameister und Weltmeister zu werden. Aber jetzt mache ich erst mal Abi und dann gucke ich, wie es weitergeht.
Gibt es etwas im Karatesport, das dir für die Schule, das Lernen oder auch fürs Leben insgesamt nützt?
Auf jeden Fall! Ich finde man bekommt dadurch eine gewisse Gelassenheit. Man lernt, seine Fähigkeiten einzuschätzen und weiß, dass man sich darauf verlassen kann. Man entwickelt auch Geduld und ich finde, man geht Dinge anders an. Auf die Schule bezogen, hilft es mir ziemlich, wenn ich was lernen muss. Dann setze ich mich da dran und lege meinen Fokus drauf, mache Handy und alles aus und ziehe das sozusagen durch, wie eine Trainingseinheit.
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Nach der Schule werde ich zum Studium nach Stuttgart gehen. Dort sind die Trainingsmöglichkeiten gut und ich kann neben dem Studium trainieren. Mein großer Traum ist es, irgendwann mal in die USA zu gehen und dort MMA zu machen. Und irgendwann möchte ich ein Dojo aufmachen, also ein Kampfsportverein, und als Trainer unterrichten. Das wäre das höchste der Gefühle.